In Kürze: Der Soziologe Steffen Mau spricht im Interview über verschiedene Aspekte der gesellschaftlichen Polarisierung. Im Gegensatz zu den USA gleicht die deutsche Gesellschaft einem Dromedar statt einem Kamel. Die „stille Mitte“ spielt in Deutschland eine wichtige Rolle, obwohl sie oft übersehen wird. Sie umfasst eine breite Bevölkerungsschicht, die politisch passiv ist, während die politischen Ränder aktiver und lauter sind. Mau betont die Notwendigkeit, dass die stille Mitte sich politisch engagiert.
Deutschlands Konfliktlandschaft
„Deutschland ist eine gespaltene Gesellschaft.“ Der renommierte Soziologe Steffen Mau widerspricht dieser gängigen Vorstellung in seiner Forschung zu gesellschaftlichen Polarisierungstendenzen. Laut Mau leben wir in einer zerklüfteten Konfliktlandschaft. Diese wird nicht nur von historisch gewachsenen Ungleichheiten geprägt, sondern auch von gezielter Polarisierung durch politische Akteure an den Rändern unserer Gesellschaft.
Im November 2023 erhielt Prof. Dr. Steffen Mau für seine Arbeit den Preis „Gegen Vergessen – Für Demokratie“. Auf der Preisverleihung in Freiburg erläutert er seine Forschung und spricht über Gefahren sowie Chancen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland.
Hier sind seine Antworten zum Nachhören verfügbar:
In Ihrem Buch Triggerpunkte schreiben Sie mit Ihrem Kollegen über gesellschaftliche Polarisierungstendenzen. Ein Kapitel heißt „Das ist nicht Amerika“. Warum gleicht die deutsche Gesellschaft einem Dromedar und keinem Kamel wie die USA?
Im Buch verwenden Sie den Begriff „Polarisierungsunternehmer“. Was versteht man darunter?
Das heißt also Polarisierer müssen nicht immer Rechtspopulisten sein, sondern es gibt auch andere Erscheinungsformen?
Jetzt haben wir den Polarisierern viel Raum gegeben, aber Sie erwähnen auch die „stille Mitte“. Das ist der große Höcker in der Mitte des Dromedars. Wer genau gehört zu dieser stillen Mitte?
Wie können wir denn der stillen Mitte mehr Raum geben, dass sie vielleicht auch lauter wird?
Abschließend lässt Steffen Mau in seinem Interview erkennen, dass der Fokus auf unsichtbare Gruppen eine entscheidende Rolle bei aktuellen Herausforderungen wie der Stärkung von Demokratie spielt. Es lohnt sich also in einen offenen Dialog mit der stillen Mitte zu treten und zum Beispiel Zusammenhalt durch Konfliktfähigkeit zu stärken.
Autor
Foto: Silvie Kühne
Prof. Dr. Steffen Mau
Steffen Mau ist Soziologe und Professor für Makrosoziologie am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin. Gemeinsam mit Thomas Lux und Linus Westheuser veröffentlichte er 2023 das Buch Triggerpunkte. Ungleichheitskonflikte in der Gegenwartsgesellschaft, erschienen im Suhrkamp Verlag.