Jugendarbeit mit rechtsextrem orientierten Jugendlichen

Autor:In: Juliania Bumazhnova

Rechtsextreme Tendenzen bei Jugendlichen zeigen sich in vielfältigen Formen. Sie können sich subtil in Musik, Memes, Mode oder Influencer-Ästhetiken ausdrücken, ebenso aber offen in Aussagen über die angebliche Ungleichwertigkeit von Menschen, in Demokratieverachtung oder in verschwörungsideologischen Weltbildern. Fachkräfte stehen vor der Herausforderung, nicht nur rechtsextreme Codes zu erkennen, sondern auch einschätzen zu können, wie stark Jugendliche tatsächlich in entsprechende Szenen, Denkweisen und Netzwerke eingebunden sind.

Von Sympathisant*innen bis zu Aktivist*innen

Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) unterscheidet vier Typen von Äußerung von Rechtsextremismus bei Jugendlichen:  Sympathisant*innen, Mitläufer*innen, Aktivist*innen und Kader.
Entscheidend ist die Kombination aus zwei Faktoren: Wie geschlossen ist das rechtsextreme Weltbild? Und wie stark ist die organisatorische Einbindung?

Während Sympathisantinnen und Mitläuferinnen offen für Diskussionen bleiben, nutzen Aktivistinnen und Kader Gespräche häufig strategisch. Für reguläre Jugendarbeit gibt es hier kaum pädagogische Ansatzpunkte. In vielen Einrichtungen hat sich deshalb durchgesetzt: **Gefestigte Aktivistinnen werden ausgeschlossen, um demokratische Räume zu schützen.**

Klare Haltung – und klare Grenzen

Jugendeinrichtungen brauchen einen unmissverständlichen Rahmen: eine Haltung für Menschenrechte und gegen Diskriminierung. Viele Träger formulieren diese Position inzwischen in eigenen Benutzungsordnungen. Erst auf dieser Basis kann mit Jugendlichen über ihre Aussagen, Kleidung oder Online-Aktivitäten gesprochen werden. Dabei ist es wichtig nicht unvorbereitet in ein Gespräch zu gehen, so dass man demokratische Werte erklären kann und menschen- und demokratieverachtende Argumentationen nicht einfach im Raum stehen lässt.

Beziehung statt Belehrung

Bei Jugendlichen, die noch erreichbar sind, steht die Beziehung im Mittelpunkt. Pädagog*innen müssen zuhören, nachfragen und verstehen wollen – ohne irgendeine Form von Rassismus zu normalisieren. Das bedeutet: Interesse und auch Wertschätzung zeigen können, aber fest im eigenen Standpunkt bleiben.

Gleichzeitig braucht es eine realistische Einschätzung. Rechtsextreme Jugendliche offenbaren selten das ganze Ausmaß ihrer Aktivitäten. Teams sollten deshalb Beobachtungen sammeln, Fälle dokumentieren und externe Beratung hinzuziehen.

Demokratie attraktiv machen

Die MBR betont, dass Prävention aus zwei Richtungen kommen muss: direkte pädagogische Arbeit und die Stärkung demokratischer Jugendkulturen. Jugendliche sollten Alternativen erleben – Begegnungen, Projekte, Diskussionen, offene Räume. Ziel ist nicht eine schnelle „Deradikalisierung“, sondern langfristige Persönlichkeitsentwicklung.

Grenzen der Jugendarbeit anerkennen

Nicht jede Radikalisierung lässt sich in der Einrichtung auffangen. Bei gefestigten rechtsextremen Akteur*innen braucht es Polizei, Justiz oder spezialisierte Aussteigerprogramme. Jugendarbeit kann viel, aber nicht alles – und sie muss keinen Sicherheitsauftrag erfüllen.

Erkennen, einordnen, klar handeln: Jugendarbeit kann rechtsextreme Orientierungen eindämmen, wenn sie Haltung zeigt, Jugendliche differenziert betrachtet und demokratische Alternativen stärkt. Für alles Weitere braucht es ein Zusammenspiel von Zivilgesellschaft, Politik und Fachstellen – damit junge Menschen in Freiheit verschieden sein können.