Hilfe bei Hate Speech  

Tipps für eine konstruktive Online-Kommunikation

Datum: 10.04.2024

  • Dialoggestaltung
  • Debattenkultur
  • Methoden & Pädagogisches Material

In Kürze: Hate Speech im Internet ist ein weitverbreitetes Problem, unter dem insbesondere vulnerable Gruppen leiden. Trotz dieser Herausforderung ist es wichtig sich gegen Hassreden im Netz zu wehren. Um eine demokratische und respektvolle Kommunikation im Internet zu fördern, ist die Anwendung von Strategien hilfreich. Dazu gehört das Melden strafbarer Inhalte, die Anwendung sachlicher Gegenrede, die Unterstützung positiver Interaktionen sowie die bewusste Gestaltung der eigenen Online-Präsenz.  

Laut der aktuellen Forsa-Studie (2023) bleibt die Zahl der Menschen, die von Hate Speech betroffen sind, auf einem konstanten aber erschreckend hohem Niveau. 76% der Befragten geben an schon einmal mit Hass im Internet konfrontiert gewesen zu sein. Besonders vulnerable Gruppe wie Geflüchtete, Menschen mit Migrationshintergrund oder Angehörige der LGBTQ-Gemeinschaft sind laut Wahrnehmung der Befragten die Zielscheibe in Hasskommentaren. Eine positive Entwicklung ist jedoch, dass sich immer mehr Menschen aktiv gegen Hate Speech einsetzen

Hate Speech ist politisch

Die Tatsache, dass so viele Menschen von Hassrede im Netz betroffen sind, verdeutlicht die zunehmende politische Relevanz dieser Problematik und lässt erkennen, dass Hate Speech als politischer Begriff zu verstehen ist. Das bedeutet, dass die Definition von dem, was unter abwertende Sprache fällt, umkämpft und damit letztlich auch veränderbar ist.  Zudem können strafrechtliche relevante Inhalte im Netz geahndet werden. Obwohl die Strafverfolgung von hasserfüllten Botschaften häufig noch zu langsam ist, gelangen bestimmte Aussagen durch das Melden endlich auf den Radar von Behörden und Gerichten. So können gesellschaftliche Diskurse mitgestaltet und Gemeinschaften geformt werden.  

Es gibt drei wichtige Gründe, warum jede:r im Internet gegen Hate Speech vorgehen sollte:

  1. Der betreffende Inhalt wird entfernt und erfährt somit keine weitere Verbreitung.
  2. Die hatende Person wird für ihr widerrechtliches Verhalten (Äußerungen etc.) zur Rechenschaft gezogen.
  3. Die betreffende Person kann Schadensersatz erhalten oder wenigstens wieder Vertrauen in die Sicherheit des digitalen Raums gewinnen.

Selbst wenn man nicht direkt betroffen ist, ist es wichtig strafbare Inhalte zu melden. Durch die Urteile werden Präzedenzfälle geschaffen und Zahlen zu Hass im Netz erhalten Einzug in polizeiliche Statistiken. Nur dann wird das Thema auch vermehrt von der Politik gesehen, diskutiert und angepackt.  

Tipps wie man bei Hate Speech reagieren kann 

Counter Speech oder Gegenrede ist eine wichtige Strategie gegen Hate Speech im Netz.
Gegenrede sendet eine Botschaft der Solidarität an diejenigen, die von Hate Speech betroffen sind. Es zeigt, dass sie nicht allein sind und menschenfeindliche Aussagen nicht toleriert werden.

Nicht alle Strategien lassen sich in jedem Fall anwenden. Wählen Sie die Strategie aus, die für Sie und Ihre Situation passen und mit der Sie sich wohl fühlen.  

Zunächst ist es wichtig die Gegebenheiten zu bewerten. Analysieren Sie die Situation: 

  • Plattform: Wo findet die Diskussion statt? 
  • Öffentlichkeit: Ist die Diskussion privat oder öffentlich zugänglich? 
  • Reichweite: Wie viele lesen mit? 
  • Akteur:innen: Wer wird angegangen? Wer hatet? Wer liest mit? Wie gut kenne ich die Beteiligten? Handelt es sich um Gruppen oder einzelne Personen?  

Bewerten Sie Ihre eigene Verfassung:  

  • Rolle: Wie sehr bin ich direkt angesprochen? Wie sehr fühle ich mich angesprochen und betroffen? 
  • Wie geht es mir? Mental: diskussionsbereit, gut, belastbar, wütend, verängstigt, genervt, frustriert etc. Körperlich: müde, fit etc.  
  • Ressourcen: Wo befinde ich mich? Habe ich Zeit und Gelegenheit?  

Das Positive unterstützen und stärken 

  • positive Kommentare mit einem Like oder Kommentar unterstützen 
  • positive Menschen durch Supportgruppen von Organisationen, z.B. #Ichbinhier, dazu holen 
  • Beachten Sie den Algorithmus und pushen Sie Positives. Bei Facebook lieber Emotionen als den Daumen verwenden. Bei negativen Kommentaren: Schreiben Sie einen eigenen, neuen (Top-Level)-Kommentar, anstatt die “Antwort”-Funktion zu nutzen

Anlaufstellen

Respect! Gegen Hetze im Netz. Ziel des Projektes ist das Melden und Löschen von Hassbeiträgen. Verfasser:innen volksverhetzender Beiträge werden von der Meldestelle angezeigt.  

Hessen gegen Hetze – Staatliche Meldestelle. Ein Meldeportal für das gesamte Bundesgebiet. Nach einer Erstprüfung können strafbare Inhalte direkt an die Generalanwaltschaft Frankfurt am Main und der dort angesiedelten Zentralstelle zur Bekämpfung der Internet- und Computerkriminalität (ZIT) weitergeleitet werden.  

HateAid. Beratungsstelle für Betroffene digitaler Gewalt. Das Sozialunternehmen hilft Hate Speech strafrechtlich zu verfolgen und Betroffenenberatung sowie Prozesskostenfinanzierung anzubieten.  

LOVE-Storm – Gemeinsam gegen Hass im Netz. Die Plattform bietet Online-Trainings zur Gegenrede, ein Melde- und Alarmsystem und eine Aktionsplattform zu Vernetzung.  

#ichbinhier e.V. Ein gemeinnütziger Verein, der sich ehrenamtlich für digitale Zivilcourage einsetzt und mit viel Engagement versucht, zu einer besseren Diskussionskultur in den sozialen Medien beizutragen. 

Negativen Kommentaren etwas entgegensetzen: 

  • Widersprechen Sie mit einer sachlichen Gegenrede (Zahlen, Verweise auf Quellen) oder entlarven Sie Strategien (whataboutism…) und Ideologien  
  • Ändern Sie den Ton der Unterhaltung durch aktives Zuhören, Nachfragen und Ich-Botschaften

Setze strafrechtlichen relevanten Kommentaren etwas entgegen  

  • Melden und beantragen Sie die Löschung des Posts/ Users bei unabhängigen Meldestellen (jugendschutz.net)  oder der Plattform 
  • Stoßen Sie strafrechtliche Verfolgung an. Erstellen Sie einen rechtssicheren Screenshot (inkl. Kommentar, Kontext, Datum von sowohl Screenshot als auch Post, und Name des Verfassers), zeigen Sie es bei der Polizei an und suchen Sie Unterstützung von Anwält:innen / Organisationen 

Jede mutige und konstruktive Stimme für eine demokratische Kommunikation im Netz ist wichtig – denn jede:r kann dazu beitragen, dass Hass im Netz keine Normalität mehr ist. 

#BeInterNett

Dieser Text stammt aus dem Arbeitsmaterial unseres Projekts #BeInterNett. #BeInterNett befähigt junge Muslim:innen antimuslimische Hate Speech im Netz entgegenzutreten. Ziel des Projektes war es, die Sprechfähigkeit junger Muslim:innen zu einem hochaktuellen Thema zu stärken und ihre Teilhabe an gesellschaftlichen Gestaltungsprozessen zu fördern. #BeInterNett bietet Trainings an, in denen Strategien für einen konstruktiven und demokratischen Umgang mit Hate Speech vermittelt werden. Trainings werden über Gegen Vergessen – Für Demokratie angeboten. Mehr Infos zu Strategien für den Umgang mit Hass im Netz sind in der Broschüre zu finden.

Literatur