In Kürze: Demokratie lebt von Beteiligung, die über Wahlen hinausgeht. Jeder Mensch kann aktiv dazu beitragen. Der erste Schritt zur demokratischen Beteiligung ist, sich Gedanken über die eigenen Interessen zu machen und sich zu informieren, ohne sofort Experte sein zu müssen. Von dem Beitritt in eine Partei bis hin zu sozialem Engagement, es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten. Da Veränderungen jedoch Zeit brauchen, ist es wichtig realistische Erwartungen zu haben. Auf diese Weise bleibt man langfristig motiviert.
Je größer die tatsächlichen – und auch gefühlten – Bedrohungen für die Demokratie sind, desto stärker wird bei vielen Meschen der Wunsch, „etwas zu tun“. Sie möchten einen Beitrag dazu leisten, dass die Demokratie und mit ihr unsere vielfältige Gesellschaft weiterbestehen. Klar ist, dass Demokratie in erster Linie von Beteiligung lebt. Eine gewisse Unsicherheit besteht allerdings dann bei der Frage, was genau wir Demokrat:innen eigentlich konkret tun können.
Die Selbstverständlichkeit des Wählens
Die „klassische“ demokratische Beteiligungsform in einer repräsentativen Demokratie sind Wahlen. Sie finden regelmäßig auf kommunaler, landes-, bundes- und europäischer Ebene statt. Dabei ist es für die meisten Demokrat:innen eine Selbstverständlichkeit, ihr Wahlrecht in Anspruch zu nehmen.
Doch neben dieser formalen Partizipationsmöglichkeit gibt es viele andere Wege, wie sich Menschen demokratisch beteiligen können. Dabei gilt grundsätzlich immer: Bürgerbeteiligung kann und soll die repräsentative Demokratie nicht ersetzen. Vielmehr soll sie Prozesse wie das Wählen ergänzen. Außerdem kann sie helfen, das demokratische Bewusstsein zu schärfen.
Zunächst sollten wir uns eines klar machen: Demokratie ist mehr als ein Haufen Regeln dazu, wer wie welche Entscheidungen trifft. Sie ist nicht nur eine Art der Herrschaft.
Demokratie ist, wie es der Politikwissenschaftler Gerhard Himmelmann ausdrückt, auch eine Gesellschafts- und Lebensform.
Damit ist sie nicht weniger als die Frage danach, wie wir Tag für Tag miteinander leben wollen. Ein solches Verständnis von Demokratie und damit von demokratischer Beteiligung eröffnet viele Möglichkeiten, aktiv zu werden.
Die eigene Aufgabe finden
Am Anfang sollten wir uns die Frage stellen, welches politische Thema oder welcher gesellschaftliche Bereich uns besonders wichtig ist. Was genau hat uns dazu gebracht, „etwas tun“ zu wollen? Was ärgert uns, wo sehen wir Probleme oder Verbesserungsbedarf? Der erste Schritt der demokratischen Beteiligung ist also immer, sich Gedanken zu machen und sich zu informieren. Tun sollte man dies dann ohne den Anspruch, für jedes Thema sofort Expert:in sein zu müssen.
Am naheliegendsten ist es dabei oft, in der eigenen Umgebung anzufangen: Was ist in meinem Landkreis, meiner Stadt, meinem Viertel oder meiner Straße eigentlich los? Heutzutage ist es leichter als jemals zuvor, an entsprechende Informationen zu kommen. Man braucht schlicht eine erste grobe Idee, in welche Richtung die Suche gehen soll. Denn erst, wenn wir ein konkretes Problem vor Augen haben, können wir uns Gedanken darüber machen, wo wir selbst etwas dazu beitragen können, dieses Problem zu lösen.
Schon sich Gedanken zu machen und mit anderen über politische und gesellschaftliche Themen zu sprechen sowie sich eine Meinung zu bilden, sind also niedrigschwellige Arten, sich demokratisch zu beteiligen. Dies ist in den meisten Fällen der erste Schritt, auf dem weiteres Engagement aufbauen kann.
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Die unendliche Liste
Abhängig davon, was wir zu „unserem“ Thema gemacht haben, gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten, sich auf unterschiedliche Arten und Weisen an der Demokratie zu beteiligen und sie mit Leben zu füllen. Denn am Ende ist in einer demokratischen Gesellschaft jede Art von bürgerschaftlichem Engagement, welches mehr Teilhabe (für sich selbst oder für andere) ermöglicht, ein Beitrag zur Demokratie:
- die formalen politischen Prozesse unterstützen, z.B. als Wahlhelfer:in
- einer Partei (oder einer Parteijugendorganisationen) beitreten und sich in deren Arbeit auf den unterschiedlichen politischen Ebenen einbringen
- Mitglied eines Vereins/einer NGO werden und sich für dessen/deren Ziele und Interessen stark machen
- sich in einer (Bürger)Initiative engagieren, um ein ganz konkretes Vorhaben oder Anliegen voranzubringen, z.B. im eigenen Stadtteil
- Geld an Institutionen oder Projekte spenden, um zu unterstützen und Zustimmung zu deren Zielen zu zeigen
- eine Petition an den Bundestag unterzeichnen oder starten
- sich sozial engagieren: im Park Müll aufsammeln, Kindern in der Kita vorlesen, Senior:innen im Altenheim Gesellschaft leisten, bei der Mittagessenausgabe in der Geflüchtetenunterkunft unterstützen etc.
- sich an einer Demonstration oder einem Protest beteiligen oder selbst eine solche Veranstaltung organisieren
- Jugendverbänden, Schüler:innenvertretungen oder Jugendparlamenten beitreten
- …
Eine solche Liste kann niemals vollständig sein, denn die Möglichkeiten sind nahezu unendlich. Dabei gibt es keine besseren oder schlechteren Formen der demokratischen Beteiligung. Alle haben ihren eigenen Wert, den wir selbst festlegen, allein schon dadurch, dass wir uns einbringen.
Die Erwartungen an sich selbst und andere
Die Erwartungshaltung an sich selbst und die Auswirkungen des eigenen Engagements sollten wir dabei auf einem realistischen Level halten. So geht die Demokratie weder von heute auf morgen unter, noch retten wir sie von einem Tag auf den anderen. Dies zu akzeptieren, verhindert enttäuscht zu werden, wenn sich nicht sofort die gesamte Gesellschaft ändert, auch wenn wir uns gerade leidenschaftlich an einer Demonstration beteiligt haben oder einer Bürgerinitiative beigetreten sind.
Es lohnt sich und es motiviert, sich wieder und wieder daran zu erinnern: Positive Auswirkungen hat demokratische Beteiligung immer, oft viel mehr als wir denken und erst recht, wenn wir es auf den ersten Blick nicht sehen.
Wie sehr man sich für die Demokratie und die demokratische Gesellschaft einbringen möchte, ist die Entscheidung von jedem und jeder Einzelnen selbst. Was wir bereit sind, hierfür zu geben – an Geld, an Zeit, an Energie –, ist eine Entscheidung, die jede:r von uns für sich selbst treffen muss.
Demokrat:innen sind oft bemüht, andere Menschen zu motivieren, selbst aktiv zu werden. Gerade wenn sie sich selbst leidenschaftlich für etwas einsetzen, kann ein sehr fordernder Unterton mitschwingen. Doch zwingende Ansprüche an andere (und an sich selbst) zu stellen, dass man sich auf diese oder jene Art für die Demokratie einbringen muss, ist kontraproduktiv. Anderen Menschen die Wahl zu lassen und zu akzeptieren, wenn dies zu einer anderen als der eigenen Entscheidung führt, ist auch demokratisches Handeln.